Schüler*innen fragen, Dr. Schönefeld antwortet

Die Schüler*innen des Gymnasiums Michelstadt haben mir Fragen geschickt. Das hat mich gefreut, denn ich war dort selbst vier Jahre Schüler. Hier sind meine Antworten. Entscheidungen in der Politik sind für junge Menschen besonders wichtig, denn sie beeinflussen unser Leben. Wenn sich das Klima verändert und es heißer wird und mehr regnet oder Tiere aussterben müssen wir damit leben. Es ist auch wichtig, ob wir gerecht miteinander umgehen und wie unsere Stadt aussieht.

  1. Was sind die wichtigsten Ideen für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit?

In den ersten 100 Tagen meiner Amtszeit möchte ich einen „Masterplan Michelstadt 2030“ anstoßen. Gemeinsam mit den Bürger*innen möchte ich in Gesprächsrunden und Veranstaltungen – online und offline, je nach Lage – die Stärken unserer Stadt besprechen und die Bereiche, in denen wir weiterkommen müssen, beleuchten. Wir haben in der Vergangenheit schon viele Konzepte geschrieben – das Fahrradkonzept (2013), der Odenwälder Klimaschutzkonzept (2011), das Integrierte Stadtentwicklungskonzept ISEK (2015) und einige mehr. Doch viel zu viel davon wurde nicht umgesetzt. Mit dem Masterplan Michelstadt 2030 fügen wir diese Puzzleteile gemeinsam zusammen, setzen klare Prioritäten für die Umsetzung und bringen Michelstadt langfristig voran. Für die Menschen, beim Klimaschutz, für die Kultur und für eine zukunftsfähige Wirtschaft.

  1. Welche Projekte wollen Sie unterstützen (Umwelt, Spenden, Integration…)?

Alle Projekte, die sich für ein offenes, freundliches, nachhaltiges sowie kulturell und menschlich reiches Michelstadt einsetzen, verdienen die Unterstützung der Stadt. Bei mir werden solche Initiativen immer ein offenes Ohr finden und ich werde sie nach Kräften unterstützten.

2.1 Sind Sie eher für Naturschutz oder Neubaugebiete?

Die Natur ist unsere Lebensgrundlage, deshalb müssen wir sie schützen. Ohne eine intakte Natur sind wir als Menschheit langfristig nicht lebensfähig. Deshalb ist für uns Grüne schon lange der Leitsatz „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“ die Orientierung allen politischen Handelns.

Trotzdem braucht Michelstadt natürlich Wohnraum für Menschen und Platz für Gewerbe. Dabei setze ich auf Nachverdichtung (d.h. schließen von Baulücken in der Stadt) und Sanierung alter Gebäude vor Neubau. Ich habe selbst das Glück, in einem sanierten Altbau leben zu können und wünsche mir das für viele andere Mitbürger*innen. Es ist doch absurd, dass wir im Kernstadtbereich und in den Stadtteilen teilweise leer stehende Gebäude haben und gleichzeitig neu gebaut wird! Die Stadt sollte Eigentümer*innen bei der Sanierung unterstützen und auch selbst aktiv werden, um günstigen Wohnraum für Menschen mit weniger Geld bereit zu stellen.

2.2 Wie würden Sie den Ausbau von Gewerbegebieten mit dem Umweltschutz vereinbaren? Wo liegt Ihr Fokus?

Zunächst einmal gilt es, bestehende Flächen in Gewerbegebieten besser zu nutzen und gegebenenfalls auch Flächen umzuwidmen. Michelstadts „Grüngürtel“ leistet einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz und muss erhalten werden. Wo neues entsteht, gilt es, klimagerechte Gewerbegebiete zu bauen – d.h. Solarzellen wo möglich, Begrünung, damit keine Betonwüsten und Hitzeinseln entstehen und auch Mischgebiete planen (für anwohnerfreundliches Gewerbe wie z.B. Büroflächen), damit die Wege zur Arbeit kurz bleiben.

  1. Werden Sie sich um neue und sichere Fahrradwege kümmern?

Selbstverständlich. Ich setzte mich seit Jahren für bessere Fahrradwege im Odenwald ein. Als begeisterter Fahrradfahrer möchte ich dafür sorgen, dass insbesondere der Alltagsverkehr mit dem Fahrrad erledigt werden kann. Hierzu gehören zum Beispiel Lückenschlüsse im Fahrradnetz, eine bessere Anbindung der Ortsteile, Asphaltierung der Hauptrouten und bessere Beleuchtung mit Solarleuchten u. Bewegungsmeldern. Gleichzeitig wollen wir auch Lastenfahrräder in Sharingmodellen anbieten, damit diese von allen genutzt werden können.

  1. Welchen Beitrag kann Michelstadt für den Klimaschutz leisten?

Die Energiewende ist der Schlüssel zum Klimaschutz, auch hier bei uns vor Ort. Das bedeutet den auf der einen Seite den Ausbau der erneuerbaren und klimafreundlichen Energien. Aber auf der anderen Seite auch Effizienzsteigerungen, um Energie einsparen zu können. Denn jede Kilowattstunde Strom, die wir nicht brauchen, muss erst gar nicht erzeugt werden. Der Verkehr ist einer der größten Quellen von klimaschädlichen Treibhausgasemissionen, weil er sehr stark auf fossilen Energien basiert (hauptächlich Öl in Form von Benzin und Diesel). Hier müssen wir den Öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV (Bus, Bahn) stärken, innovative Projekte wie die GarantiertMobil App weiterentwickeln und, wo es nicht ohne Auto geht, die e-Mobilität fördern. Auf unsere Initiative hin steht auf dem Bienenmarktplatz ein Elektroauto, das von allen Menschen geliehen und genutzt werden kann. Perspektivisch stelle ich mir viel mehr solcher Autos vor, die an vielen Punkten in unserer Stadt stehen.

Darüber hinaus ist der Schutz der Natur und des Waldes ein wichtiges Element für das Klima. Michelstadt gehört rund 1000 Hektar Wald. Dieser muss geschützt und so bewirtschaftet werden, dass er Klimaveränderungen Stand halten kann. Denn Wälder speichern Kohlenstoff und regulieren das lokale Klima.

  1. Werden Sie den Tierschutz in Michelstadt fördern?

Tierschutz stand bei uns Grünen schon immer ganz oben auf der Prioritätenliste. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir das Tierheim in Würzberg ordentlich ausstatten.

Aber zum Tierschutz gehört auch, dass wir die Massentierhaltung abschaffen sollten, Tiere artgerecht halten und lokal arbeiten. Der Schlachthof Brensbach ist wichtig, damit Tiere nicht tagelang durch die Gegend gefahren werden. Lokales Wirtschaften kann einen großen Beitrag zum Tierschutz leisten und dafür setze ich mich ein.

  1. Wie werden Sie sich für die Interessen der Kinder und Jugendlichen einsetzen?

Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft und müssen deshalb mitreden. Wir Grüne wollen auf Kreisebene das Jugendparlament wieder einführen, an dem auch viele Michelstädter*innen teilnehmen können.

Städtische Angebote wie die Ferienspiele müssen weitergeführt werden und junge Menschen brauchen in der Stadt eine/n Ansprechpartner*in, sowie Räumlichkeiten, um gemeinsam arbeiten zu können. Ich möchte die Bibliothek in ein modernes Medienzentrum umwandeln, das auch im digitalen Zeitalter des 21. Jahrhunderts mithalten kann.

Die Freizeitmöglichkeiten wollen wir ausweiten. Dazu gehört neben dem Skaterpark eine Ballsportanlage, die wir als Grüne seit vielen Jahren wollen, aber leider von den anderen Parteien bisher verhindert wurde. Das Geld ist da, die Stadt wird aber durch sogenannte „Sperrvermerke“ am Investieren gehindert. Das muss geändert werden.

Mit mir werden die Schwimmbäder in Michelstadt und den Ortsteilen einen starken Unterstützer haben, denn sie leisten einen Wichtigen Beitrag zur Freizeitgestaltung und Abkühlung – die werden wir brauchen, denn die Hitzesommer werden mit dem Klimawandel zunehmen.

  1. Was sind Ihre Ideen für die Digitalisierung von Schulen?

Digitalisierung an Schulen braucht ein stärkeres Fundament. Dazu gehören zunächst ausgebildete Systemadministrator*innen, die sich um die Infrastruktur an Schulen kümmern und Geräte warten können. Ganz wichtig ist mir, das jede/r Schüler*in gut ausgestattet ist, egal wie viel Geld jemand hat oder ob die Eltern sich mit der Digitalisierung auskennen. Denn es sollte nicht wichtig sein, wo jemand herkommt, sondern wo wir hinwollen.

Aber auch die Lehrer*innen müssen Unterstützung bekommen, wie Digitalisierung im Unterricht behandelt werden kann. Ich habe als Student zum Beispiel dazu geforscht, wie junge Menschen Informationen im Internet verstehen und bewerten. Das ist wichtig, denn nicht alles, was im Internet steht ist gut oder wahr.

7.1 Wollen Sie etwas an den Schulen verändern? Wenn ja, was?

Schulen müssen besser ausgestattet werden und die Startlöcher für ein erfolgreiches Leben sein. Bis zur Klasse 5 ist eine Benotung daher kontraproduktiv, das zeigen viele Studien. Durch kleinere Klassen und individuellere Betreuung können wir die Chancen von vielen Schüler*innen verbessern.

Aber auch inhaltlich muss etwas passieren: Der Klimaschutz gehört in die Lehrpläne, damit Schüler*innen wissen, was uns in Zukunft erwartet und was wir tun können.

Ich muss aber auch sagen, dass die Schulen nicht im Verantwortungsbereich der Stadt Michelstadt stehen. Die Ausstattung der Schulen (z. B. Gebäude, IT-Technik etc.) fällt in den Verantwortungsbereich des „Schulträgers“ und das ist bei uns der Odenwaldkreis. Für die Lerninhalte (also die Stoffpläne), für die Lehrer*innen-Ausbildung oder für das Einstellen von Lehrern*innen ist dagegen das Land Hessen zuständig.

  1. Was halten Sie von der Bewegung „Fridays for future“?

Die jungen Generationen werden von dem Klimawandel am stärksten betroffen sein. Wir haben noch etwa 10 Jahre Zeit, um grundlegende Veränderungen anzustoßen, sonst ist es zu spät. Deshalb begrüße ich das Engagement von Fridays for Future, das auf die falsche Richtung aufmerksam macht, in die wir uns als Gesellschaft gerade bewegen.

Das Demonstrationsrecht ist seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland einer der Grundpfeiler unserer Demokratie. Das wollen wir bewahren.

  1. Wo sehen Sie den Odenwaldkreis 2050?

Das hängt von den Entscheidungen ab, die wir in den nächsten 10 Jahren treffen. Wenn wir mit dem Klimaschutz vorankommen, und uns an die bereits unausweichlichen Folgen des Klimawandels anpassen, kann der Odenwald in dreißig Jahren ein ganz besonderer Ort sein. Ein Ort, an dem die Menschen sich gegenseitig unterstützen, an dem es Arbeitsplätze gibt, die dem Wohle der Menschen dienen und der auch für junge Menschen ein Anziehungspunkt und attraktiver Wohnort ist.

Die Alternative ist denkbar schlecht: Eine fortschreitende Klimakatastrophe, sterbende Wälder, hitzegeplagte Menschen, Starkregen und Überflutungen, jede/r-gegen-jede/n. Das gilt es zu verhindern, und deshalb müssen wir jetzt sofort handeln. Ein einfaches Weiter-so kann es nicht geben. Schon Albert Einstein hat gesagt, dass die Definition von Verrücktheit ist, das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten…

  1. Was haben Sie für Ideen das soziale Leben, trotz Corona Beschränkungen, aufrecht zu erhalten?

Die Corona-Krise stellt uns alle vor große kurz- und mittelfristige Herausforderungen. Ich bin allerdings auch beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft und Kreativität meiner Mitbürger*innen in dieser schwierigen Zeit. Vereine spielen auch weiterhin eine wichtige Rolle und müssen gestärkt und unterstützt werden. Ich bin selbst Mitglied im VfL Michelstadt und wir haben während der Pandemie mit einem Hygienekonzept trainiert.

Aber die Stadt kann hier noch mehr tun. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Weihnachtsmailingaktion, die Michelstädter*innen miteinander verbindet? Eine Corona-Hotline der Stadt, an die sich Menschen wenden können, die Hilfe brauchen? Neue Veranstaltungsformate – z.B. im Freien, Online usw., die auch kulturelle Aktivitäten zulassen?

Fakt ist, dass diese Krise von uns allen ein sehr hohes Maß an Verantwortungund große Flexibilität erfordert. Immer wieder müssen wir Dinge verändern. Die Stadt Michelstadt könnte in diesem Prozess im Zentrum stehen, und koordinierend und unterstützend tätig sein.

  1. Warum möchten Sie Bürgermeister werden?

Ich bin hier aufgewachsen, Michelstadt und seine Stadtteile liegen mir am Herzen. Ich hatte nach der 10. Klasse die Möglichkeit, ein United World College (Oberstufeninternat) zu besuchen und bin zu meiner schulischen und universitären Ausbildung insgesamt 12 Jahre in den USA, in Chile, in Belgien, in Luxenburg, in Finnland und in Großbritannien unterwegs gewesen. Dabei ist mir auch klar geworden, wie viel Potential in Michelstadt steckt. Das sieht man manchmal erst, wenn man über den Tellerrand hinausgeschaut hat. Wenn wir es anpacken, kann Michelstadt eine noch viel sozialere, gerechtere und grünere Stadt werden, die beim Kampf gegen den Klimawandel vorangeht, die Schwächere nicht zurücklässt und im ganzen Odenwald und darüber hinaus eine Vorbildrolle einnimmt. Dafür möchte ich mich mit meiner Erfahrung und meiner Kraft einsetzen. Als Bürgermeister für Michelstadt.

11.1 Was machen Sie in Ihrer Freizeit bzw. verbinden Sie diese mit Ihrem Beruf?

Ich wurde am Tyndallzentrum für Klimaforschung in Großbritannien promoviert (d.h. ich habe dort einen Doktortitel gemacht) und wurde davor in unterschiedlichen Fachdisziplinen zu Nachhaltigkeitsfragen und Klimawandel ausgebildet. Inhaltlich hat mir das eine Grundlage gegeben, um mich politisch und beruflich in diesem Bereich zu engagieren. Denn ich kenne sowohl die Probleme, als auch Lösungsmöglichkeiten.

Deswegen habe ich in den letzten fünf Jahren viel in meiner Freizeit für die Politik genutzt, und so zum Beispiel mitgeholfen, die Grüne Jugend im Odenwald wieder zu aktivieren. Und das ist auch gut so, denn im Moment ist Politik mein Hobby.

Beruflich arbeite ich an einem außeruniversitären Forschungsinstitut in Darmstadt, wo ich im Themenbereich Klimaschutz und -anpassung forsche. An Abenden und an Wochenenden verbringe gern Zeit mit meiner Frau und Freund*innen, spiele Badminton im VfL Michelstadt, gehe gern Wandern, bin Windsurfer, Bergführer, tanze Salsa und koche gern. Mein Leben war immer aktiv und das soll auch so bleiben – auchals Bürgermeister für Michelstadt.

11.2 Haben Sie sich schon immer für Politik interessiert?

Ja, das wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Allerdings bin ich erst aktiv in die Politik eingestiegen, als ich schon einen Master gemacht hatte und an meiner Doktorarbeit schrieb. Denn ich wollte unabhängig denken können und mir meine eigenen Urteile bilden – jenseits von Parteidoktrin.

Mein Vater hat immer gesagt. „Wenn du etwas verändern willst, musst du in die Politik gehen.“ Man hört ja nicht immer auf seine Eltern, aber in diesem Falle habe ich es getan! 😉

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